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Kündigung wegen Äußerungen über einen Repräsentanten des Arbeitgebers im Wahlkampf
Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts
Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 GG.
§ 241 Abs. 2, § 626 Abs. 1 BGB.
§ 1 Abs. 1 und Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG.
1. Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen stellen eine erhebliche Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB dar, die einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB bilden kann. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über seinen Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen aufstellt, insbesondere dann, wenn die Erklärungen den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen.
2. Ein Arbeitnehmer kann sich für bewusst falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Solche Behauptungen sind vom Schutzbereich des Grundrechts nicht umfasst. Anderes gilt für Äußerungen, die nicht Tatsachenbehauptungen, sondern ein Werturteil enthalten. Sie fallen in den Schutzbereich des Rechts auf Meinungsfreiheit. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind.
3. Zu den allgemeinen, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit beschränkenden Gesetzen i. S. v. Art. 5 Abs. 2 GG gehört auch § 241 Abs. 2 BGB. Meinungsfreiheit und beschränkendes Gesetz beeinflussen sich gegenseitig. Die Reichweite der Pflicht zur vertraglichen Rücksichtnahme muss unter Beachtung der Bedeutung des Grundrechts bestimmt, der Meinungsfreiheit muss dabei also die ihr gebührende Beachtung geschenkt werden – und umgekehrt.
4. Ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung anzusehen ist, beurteilt sich nach dem Gesamtkontext, in dem sie steht. Eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung ist nur zulässig, wenn dadurch ihr Sinn nicht verfälscht wird. Wo dies der Fall wäre, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden. Gilt für Meinungsäußerungen – insbesondere im öffentlichen Meinungskampf – bei der Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Rechtsgut, in dessen Interesse sie durch ein all gemeines Gesetz eingeschränkt werden kann, eine Vermutung zu Gunsten der freien Rede, gilt dies für Tatsachenbehauptungen nicht in gleicher Weise.
BAG, Urt, v. 18.12.2014 – 2 AZR 265/14 –
Zitierfähig mit Smartlink: https://www.oeffentlichesdienstrechtdigital.de/PersV.08.2015.307
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